Blauzungenkrankheit: Eine anhaltende Herausforderung für Zucht und Vermarktung
Neue Virusvarianten, komplexe EU-Vorgaben und eingeschränkte Exportmöglichkeiten fordern Züchter:innen und Vermarkter:innen gleichermaßen.
Seit über einem Jahr gilt Österreich nicht mehr als frei von der Blauzungenkrankheit (BTV). Dieser Verlust des Seuchenfreiheitsstatus hat weitreichende Folgen für die heimische Rinderwirtschaft. Sowohl der innergemeinschaftliche Handel als auch der Export in Drittstaaten sind seither deutlich eingeschränkt. Seit Herbst des Vorjahres können beispielsweise keine Zuchtrinder mehr in die Türkei exportiert werden – ein zentraler Markt, der für viele Zuchtbetriebe und Vermarktungsorganisationen von großer Bedeutung war.
Logistische und handelspolitische Herausforderungen
Die derzeitige Situation führt zu erheblichen logistischen Hürden in der Zucht- und Nutzrindvermarktung. Jedes EU-Mitgliedsland kann eigene Bestimmungen für das Einbringen empfänglicher Tiere festlegen, was zu einem unübersichtlichen Regelwerk führt.
Während manche Mitgliedsstaaten nur eine einfache Gesundheitsbescheinigung verlangen, fordern andere zum Beispiel eine Repellentien-Behandlung sowie ein negatives PCR-Testergebnis vor dem Transport. Besonders im Nutzrinderbereich – etwa beim Handel mit Kälbern – stellt diese PCR-Testpflicht eine große organisatorische und finanzielle Belastung dar.
Die Tiere dürfen erst transportiert werden, sobald das negative Testergebnis vorliegt – ein Umstand, der zu längeren Standzeiten, höherem Arbeitsaufwand und zu zusätzlichem Stress für die Tiere führt.
Neuer Serotyp in Österreich
Seit Herbst 2025 sorgt zudem ein neuer Serotyp (BTV-8) für zusätzliche Herausforderungen. Das Virus hat sich innerhalb weniger Wochen von Kärnten über weite Teile der Steiermark ausgebreitet. Besonders Schafe, aber auch Rinder, zeigen deutliche Krankheitssymptome: Entzündungen und Schwellungen im Maulbereich, Fressunlust und deutliche Schwäche.
Praktizierende Tierärzt:innen berichten von zahlreichen Fällen mit typischen klinischen Erscheinungen, was das Ausmaß der aktuellen Situation unterstreicht.
Blick nach vorne
Mit den kühleren Temperaturen im Herbst und Winter dürfte die Aktivität der übertragenden Gnitzen zurückgehen – und damit auch die Zahl der Neuinfektionen. Wichtig bleibt dennoch der vorbeugende Schutz: Das Gesundheitsministerium und die AGES empfehlen weiterhin ausdrücklich, Rinder und Schafe gegen alle in Österreich vorkommenden Serotypen zu impfen, um die Tiere bestmöglich vor schweren Krankheitsverläufen zu schützen.
Angesichts der zunehmenden Verbreitung der Blauzungenkrankheit in ganz Europa wäre jedoch eine einheitliche europäische Regelung für das Verbringen von Tieren dringend wünschenswert. Derzeit ist eine Rekategorisierung der Blauzungenkrankheit von Kategorie C auf Kategorie D im Gespräch. Es bleibt zu hoffen, dass diese Anpassung zu den notwendigsten Erleichterungen im Tierverkehr führt und damit sowohl Tiergesundheit als auch Vermarktung künftig besser miteinander vereinbar macht.
Autorin: Mag. Vera Hinteregger, Rinderzucht Austria