| Lukas Kalcher

Nationale Fleckviehschau in Radesinska Svratka, Tschechien

Überragende Qualität der Tiere, großartige Landwirtschaftsausstellung und ein hohes Maß an internationalen Besuch zeichnete die diesjährige Fleckviehschau aus. Als Dank und Anerkennung für die jahrzehntelange Zusammenarbeit wurde eine Ehrenglocke von Fleckvieh Austria überreicht.

Ertl
Die Ehrenglocke von Fleckvieh Austria wird an das Betreuungsteam der Agrofarm Kamen überreicht. Rechts im Bild die beiden ehemaligen GF von Fleckvieh Austria, Ing. Richard Pichler und Ing. Hans Tanzler.

Unmittelbar nach dem denkwürdigen Weltkongress der Fleckviehzucht in Österreich mit der imposanten Bundesschau in Freistadt lud unser Nachbarland Tschechien zum Tag der Fleckviehzucht ein, der bereits zum 15. Mal stattfand.

Der 8. September 2022 verzeichnete massenhaften Besuch aus dem Veranstalterland selbst und darüber hinaus waren auch Gäste aus Kanada, Deutschland, Slowakei, Polen, Slowenien, China und Österreich gekommen. Da es seit mehr als zwanzig Jahren eine enge Zusammenarbeit in der genetischen Verbesserung (gemeinsame Zuchtwertschätzung Deutschland – Österreich – Tschechien) gibt, ist man natürlich sehr daran interessiert, den Zuchtfortschritt in den einzelnen Ländern anhand der gezeigten Zuchttiere zu beobachten. Von österreichischer Seite waren Ing. Johannes Tanzler, Wien, und Ing. Richard Pichler, Zwettl, vertreten, beide waren vormalige Geschäftsführer von Fleckvieh Austria und pflegen nach wie vor sehr gute Kontakte zu allen wichtigen Fleckviehländern in der Welt. Ing. Reinhard Pfleger leitet seit 2021 den Dachverband der österreichischen Fleckviehzucht, allseits bekannt als Fleckvieh Austria.

Tschechische Fleckviehzucht meist in Großbetrieben

Pichler
Champion-Kollektion der Zuchtfarm Kamen

Sowohl von der Anzahl als auch der Betriebsgrößen unterscheiden sich die Verhältnisse zu unserer Zuchtbasis sehr stark. Während sich in Österreich 14.300 Betriebe mit insgesamt 310.000 Herdebuchkühen (22 pro Betrieb) mit Fleckvieh hauptsächlich in der Zweinutzung Milch und Fleisch, organisiert in 11 Zuchtverbänden, beschäftigen, sind es in Tschechien etwa 600 Farmen mit 125.000 Kühen, was einen durchschnittlichen Kuhbestand von rund 200 ergibt. Das Leistungsniveau beträgt im Nachbarland 7.906 kg Milch bei 3.96% Fett und 3.52% Eiweiß. Es gibt einen Fleckviehverband mit Namen Svaz Chovatelu Ceskeho Strakateho Skotu, Z.S., desen Sitz sich direkt am Ausstellungsgelände in Radesinska Svratka befindet, ein kleiner Ort im Landkreis Zdar im Hügelland nördlich der Autobahn von Brünn nach Prag.

Erfreulich für uns war die Feststellung, dass sehr viele bekannte Blutlinien der deutschen und österreichischen Fleckviehzucht zum nachbarschaftlichen Zuchterfolg beitragen und die Tiere selbst unseren Typ-, Format- und Leistungszielen immer ähnlicher werden. Man muss ja wissen, dass die früheren Zuchtprogramme bis um die Zeit der Wende 1989/90 doch eine bedeutend andere Ausrichtung hatten. Heute versorgen elf privat strukturierte Besamungsunternehmen die Zuchtbetriebe aller Rinderrassen. Diese Firmen, die Sponsoren und viele weitere im Bereich Futtermittel, Tiergesundheit, Beratung, Milch- und Fleischverarbeitung, Landtechnik, Gewerbe sowie die staatliche und regionale Agrarvertretung waren mit informativen und sehr gastfreundlichen Ausstellungskojen präsent.

Die beiden slowakischen Preisrichter Ing. Matus Kohut und Ing. Iwan Pavlow rangierten die 80 Elitekühe aus ganz Tschechien nach unseren Maßstäben und so könnte man in Zukunft durchaus ein großes Championat auf mitteleuropäischer Ebene ins Auge fassen. Man sah Kühe in gutem mittleren Rahmen, genügend bemuskelt mit hervorragenden Eutern und Fundamenten. Weiters muss auch die Professionalität der Pflege und das Vorführgeschick hervorgehoben werden.

Die Ehrenglocke von Fleckvieh Austria ging an den Zuchtbetrieb Kamen

Wie auch bei uns unterstützt eine große Zahl an Sponsoren diese Top-Tierschau und so konnten die Besitzer der Siegertiere wertvolle Preise entgegennehmen. Die Repräsentanten des Auslandes überreichten ebenfalls attraktive Awards. Die Ehrenglocke, gewidmet von Fleckvieh Austria, wurde dem bekannten Exkursions- und Ausstellungs-Zuchtbetrieb Kamen im Kreis Vysocina zuerkannt. Kamen holte sich den Sieg mit seinen drei Kühen als Kollektion mit der besten Harmonie, den besten Eutern und dem besten Gesamteindruck. Marian Bily ist nicht nur Chef dieser Vorzeigefarm, sondern auch Obmann des tschechischen Fleckviehzuchtverbandes. Viele österreichische Züchterdelegationen haben diesen Betrieb mit 800 Fleckvieh- und 100 Holsteinkühen bereits einmal besucht. Der frühere, den Fleckviehzüchtern weltweit bestens bekannte Direktor des Verbandes, Dr. Josef Kucera, musste seine Ämter aus Gründen vieler bedeutsamer höherer Aufgaben (Leiter des Zuchtwertprüfzentrums in Hradistko, Berater des Landwirtschaftsministers und Dozent an der Gregor Mendel Universität Brünn) dem jungen tüchtigen Zootechniker Pavel Kral übertragen. Ebenso gab es einen Wechsel im Generalsekretariat der WSFF (World Simmental Fleckvieh Federation) in Radesinska Svratka von Krystina Skopalova, die sich beruflich verändert hat, auf Blanka Drzihalova. Die junge Dame studierte Zootechnik in Prag, spricht Englisch und wird sich auch in Deutsch weiterbilden. Sie muss sich schließlich mit dem neugewählten Europa- und Weltpräsidenten, dem Österreicher und Obmann von Fleckvieh Austria, Ing. Sebastian Auernig, gut verständigen.

Aus der Sicht von uns „Ausgedienten“ – Hans Tanzler und Richard Pichler – waren die Darbietungen in Tschechien wieder ein Meilenstein in der europäischen Fleckviehzucht auf dem Weg als beste Zweinutzungsrasse der Welt besonders in einer Zeit vieler Diskussionen in der breiten Öffentlichkeit um ausbalancierte Zuchtziele, Wirtschaftlichkeit im Einklang mit Tierwohl, Tierschutz, Methanausstoß, Klimawandel, Ressourcenverbrauch uva.

Autor: Ing. Richard Pichler

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