FoKUHs - Typisierung von Kühen für eine effizientere genomische Selektion mit Fo-kus auf Gesundheitsmerkmale

Zehn Jahre genomische Selektion in Österreich haben die Rinderzucht nachhaltig verändert. Ge-nomweite SNP-Daten erlauben die Schätzung von Zuchtwerten mit Sicherheiten zwischen 40 und 70% bereits beim Jungtier. Dadurch konnte das Generationsintervall deutlich reduziert und der mögliche Zuchtfortschritt gesteigert werden.

Projektlaufzeit: 1. Jänner 2018 – 31. Dezember 2022

In der bisherigen 2-stufigen genomischen Zuchtwertschätzung (gZWS) wird die Leistungsfähigkeit maßgeblich von der verfügbaren Anzahl von geprüften Stieren bestimmt. Bei der Einführung der gZWS im Dezember 2010, war die Typisierung mit rund € 200 vergleichsweise teuer. Daher wurden in den einzelnen Ländern große finanzielle Anstrengungen unternommen, vor allem die informativsten Tiere, die geprüften Altstiere, zu genotypisieren. Große Rinderpopulationen, wie sie bei der Rasse Holstein Friesian vorliegen, konnten über internationale Kooperationen Kalibrierungsstichproben von über 30.000 Stieren etablieren.

Um die Kalibrierungsstichproben auch bei kleineren Populationen wie dem Fleckvieh oder dem Braunvieh zu vergrößern, ist die Genotypisierung von weiblichen Tieren eine interessante Möglichkeit. Genomzuchtwerte von weiblichen Jungtieren können zur innerbetrieblichen Selektion und für das Management genutzt werden, wodurch die Kosten der Bestandesergänzung reduziert werden oder durch gezielte Paarung über Anpaarungsprogramme betriebsspezifische Zuchtziele konsequenter verfolgt werden können. In der gZWS können genotypisierte Kühe mit Eigenleistung in die Kalibrierung einbezogen werden und tragen somit zur Steigerung der Vorhersagekraft der Zuchtwertschätzung bei. Hier kann in den letzten Jahren eine äußerst dynamische Entwicklung in vielen Ländern beobachtet werden. In den USA kann bei der Rasse Holstein Friesian bereits heute auf eine Kuhlernstichprobe von über 500.000 Tieren zurückgegriffen werden. Das ist im Wettbewerb der Rassen in Verbindung mit dem großen Pool von geprüften Stieren ein entscheidender Vorteil.

Besonders wichtig wird die Genotypisierung von weiblichen Tieren bei Merkmalen die erst seit kurzer Zeit erhoben werden. Ein Beispiel hierfür sind direkte Gesundheitsmerkmale auf der Basis von tierärztlichen Diagnosen und/oder Beobachtungen durch den Tierhalter. Hier ist der Aufbau einer Kalibrierung über geprüfte Stiere ein langwieriger Prozess der mindestens 10 bis 15 Jahre in Anspruch nimmt. Über die direkte Einbeziehung von genotypisierten Kühen, die für das Merkmal unter Leistungskontrolle stehen, kann hingegen innerhalb weniger Jahre eine genomische Zuchtwertschätzung etabliert werden.

Die Frage, ob und wie umfangreich weibliche Tiere mit Phänotypendaten genotypisiert werden, ist damit zu einem entscheidenden strategischen Faktor im Wettbewerb zwischen Rinderpopulationen geworden. Neben den in vielen Ländern beobachteten Tendenzen, dass Züchter genomische Zuchtwerte immer stärker für das Betriebsmanagement nutzen und daher die gesamte weibliche Nachzucht typisieren, gibt es in einigen Ländern inzwischen Projekte zur systematischen Genotypisierung von weiblichen Tieren. Das Ziel ist hier der Aufbau einer Kuhlernstichprobe, häufig mit dem Schwerpunkt auf Gesundheitsmerkmale. Als Beispiele können hier die Projekte KuhVision bei der Rasse Holstein Friesian (ab 2016), sowie Braunvieh Vision beim Braunvieh (ab 2017), FLEQS (ab 2019) und Fleckficcient (ab) bei Fleckvieh genannt werden.

Ziele des Projekts

  • Genomische Zuchtwerte für bestehende Gesundheitsmerkmale und Klauengesundheit
  • Erhöhung der Sicherheiten für genomische Zuchtwerte
  • Weniger Verzerrung in den genomischen Zuchtwerten

Geplant war in den 5 Jahren Projektlaufzeit insgesamt 55.000 weibliche Tiere der Rassen Fleckvieh, Braunvieh und Holstein Friesian zu typisieren. Aktuell (Stand November 2021) wurden bereits über 41.000 weibliche Tiere im Rahmen des Projektes genotypisiert. Finanziert wird das Projekt mit nationalen Mitteln durch Kofinanzierung von Bund und Ländern im Rahmen der Sonderrichtlinie des BMLFUW zur Umsetzung von Projektmaßnahmen im Rahmen des Österreichischen Programms für ländliche Entwicklung 2014 - 2020.

Der Fokus der Phänotypisierung liegt neben den bereits in der Routine erfassten Gesundheitsmerkmalen (Gesundheitsmonitoring Rind) auf dem Stoffwechsel- und Klauen-Bereich. Die Erfassung der Klauenpflegedaten aller Tiere am Betrieb wird in enger Abstimmung mit dem EIP-Projekt Klauen-Q-Wohl durchgeführt. Um genomische Zuchtwerte für subklinische Stoffwechselerkrankungen schätzen zu können, werden von den erstlaktierenden Kühen auch Daten zu subklinischen Ketosen mithilfe eines Milch- bzw. Blut-Ketotests erfasst. Zusätzlich wird eine durchgängige lineare Beschreibung aller genotypisierten erstlaktierenden Tiere durchgeführt.

Im Bereich der genomischen Zuchtwertschätzung konnten nach umfangreichen Entwicklungsarbeiten im April 2021 alle Merkmale auf eine Single Step Zuchtwertschätzung umgestellt werden. Im Single Step kommt es zur Verschmelzung der konventionellen mit der genomischen Schätzung in einem Verfahren. Der entscheidende Faktor der Überlegenheit vom Single Step Verfahren ist die Tatsache, dass hier nicht mehr nur geprüfte Altstiere, sondern alle typisierten Tiere mit Leistung unmittelbar in die Lernstichprobe einbezogen werden. Das sind je nach Merkmal und Rasse derzeit bis zu 310.000 genotypisierte Tiere mit Eigenleistung. Durch die gemeinsame Betrachtung der Verwandtschaftsbeziehungen zwischen allen Tieren ist auch ein Informationsübertrag von genotypisierten Tieren auf nicht genotypisierte Verwandte möglich.

Für den langfristigen Projekterfolg ist eine Überführung in die Routine unerlässlich. Hier ist es von zentraler Bedeutung, dass teilnehmende Betriebe einen entsprechenden Mehrwert für das Management und die Zucht haben. Daher werden in der Projektphase zielgerichtete Software-Anwendungen entwickelt, die das Management am Betrieb unterstützen z.B. über einen Benchmark-Vergleich mit anderen Betrieben. Anpaarungsplaner können das Erreichen von betriebsspezifischen Zuchtzielen unterstützen bzw. helfen, Risikopaarungen zu vermeiden. Genominformationen können auch zur Abstammungssicherung eingesetzt werden.

Projektpartner

  • Zuchtverbände
  • Landeskontrollverbände

Kurzfilm zur richtigen Anwendung des Ketotests

Webinar - Umstellung auf Single Step

Weiterführende Infos