| Lukas Kalcher

Projekt D4Dairy erfolgreich abgeschlossen

Nach vier Jahren Projektlaufzeit ging nun das COMET-Projekt D4Dairy, unter der Federführung der Rinderzucht AUSTRIA, zu Ende. Aufgrund dessen wurde Ende September im Festsaal an der Universität für Bodenkultur in Wien ein Abschlussmeeting veranstaltet, um gemeinsam auf die erreichten Ziele und die erfolgreiche Zusammenarbeit zurückzublicken.

© D4Dairy
Insgesamt nahmen mehr als 40 Wirtschafts- und Wissenschaftspartner am Projekt teil. Für die Mitarbeit im Rahmen von Pilotstudien konnten mehr als 300 Landwirte gewonnen werden.

Konsortialleiterin Dr. Christa Egger-Danner, ZuchtData EDV-Dienstleistungen GmbH, freute sich, zahlreiche Vertreter:innen der am Projekt teilnehmenden Wirtschafts- und Wissenschaftspartner aus Anlass des Projektabschlusses begrüßen zu dürfen. Im Rahmen von Keynote Vorträgen und anschließenden Kurzpräsentationen wurden die Ergebnisse der jeweiligen interdisziplinär bearbeiteten Projektfachgebiete (Grundlagen für die Datenintegration, neue Ansätze zur Vorhersage und Erkennung von Krankheiten, Fütterung und Umwelt, Verbesserung der Tiergesundheit) präsentiert. Als Vortragende konnten höchst anerkannte Expert:innen aus dem für D4Dairy geknüpftem international wettbewerbsfähigen Netzwerk, bestehend aus in- und ausländischen Universitäten, Kompetenzzentren, Forschungseinrichtungen und Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette Milch, sowie nationale und internationale Technologieanbieter:innen, gewonnen werden. Das Treffen bot den Teilnehmer:innen somit auch die Gelegenheit, sich mit Vertretern vieler verschiedener für den Milchviehbereich relevanter Organisationen auszutauschen.

D4Dairy

© ZuchtData/Steininger
Dr. Christa Egger-Danner (ZuchtData) zog als Konsortialleiterin von D4Dairy ein Resümee des Projektes.

Das Projekt D4Dairy hat es sich zum Ziel gesetzt, digital unterstütztes Managment für Milchbetriebe weiterzuentwickeln, das durch datengestütze, vernetzte Informationssysteme unter Anwendung von modernen Datenanalysemethoden zu einer weiteren Verbesserung der Tiergesundheit, des Tierwohls und der Produktqualität beiträgt. Der Projekttitel D4Dairy steht für die 4 D`s: Digitalisation, Data integration, Detection and Decision support in Dairying, also Digitalisierung, Datenintegration, Erkennung und Entscheidungshilfe für die Milchproduktion.

“Die Digitalisierung durch neue Technologien, Roboter und Sensoren schreitet in unseren Ställen immer mehr voran“, betont Rinderzucht Austria Obmann Stefan Lindner. “Ziel des Projekts ist die vielen unterschiedlichen Daten für die Landwirte auf den Betrieben nutzbringend einzusetzen, die Daten zu vernetzen und eine attraktive Hilfestellung für das Herdenmanagement und die Zucht bereit zu stellen. Eine Umfrage in D4Dairy zeigte das große Vertrauen der Landwirtinnen und Landwirte in die  bäuerliche Datenverarbeitung.“ In der Praxis wurde mittlerweile viel umgesetzt: der automatische Datenaustausch zwischen dem Rinderdatenverbund (RDV) und den Sensordaten von smaXtec und Lely sowie dem Futtermittellabor Rosenau oder den Milchlaboren. Die D4Dairy-Datenaustauschplattform ermöglicht eine Zusammenführung und Bereitstellung anonymisierter Daten für spezifische Forschungsfragen. Ein Datenaustauschkonzept regelt den Datenaustausch und die Datennutzung sowie sichert den Datenschutz.

Insgesamt nahmen mehr als 40 Wirtschafts- und Wissenschaftspartner am Projekt teil. Für die Mitarbeit im Rahmen von Pilotstudien konnten mehr als 300 Landwirte gewonnen werden.

Digitalisierung zur Verbesserung der Tiergesundheit

Die neuen Technologien revolutionieren die Milchwirtschaft, die großen Datenmengen, die durch das Monitoring anfallen - Stichwort Big Data - versprechen völlig neue Einsichten in die Tiergesundheit. Die Digitalisierung bedeutet sowohl eine große Chance als auch eine große Herausforderung für die bäuerliche Landwirtschaft.

Beispielhaft für die vielen am Projekt beteiligten Wissenschafter bringt es Peter Klimek vom Complexity Science Hub auf den Punkt: “Ich glaube, es gibt keine andere Spezies, außer dem Rind, wo es so viele verschiedene Daten gibt. Ich sehe großes Potenzial für die Zukunft, dass man aus der Digitalisierung und der Zusammenführung all dieser Daten noch mehr herausholen und betriebsspezifische Hilfestellungen in Bezug auf die Früherkennung und Prävention von Tierkrankheiten bieten kann.“ Daten aus der Milchviehhaltung von verschiedenen Herkünften werden bestmöglich vernetzt und mit ausgereiften Auswertungen als praxisrelevante Informationen für die Gesundheitsvorsorge und die Zucht den Betrieben zur Verfügung gestellt. Eine nähere Beleuchtung des Infrarot-Spektrums der Milch, welches routinemäßig bei jeder Milchleistungsprüfung zur Bestimmung der Milchinhaltsstoffe untersucht wird, zeigte den Nutzen zur Früherkennung von Störungen des Gesundheits- und Stoffwechselzustandes bei Milchkühen. Durch frühzeitige Hinweise auf Probleme kann eine Untersuchung und Behandlung eingeleitet werden, bevor stärkere Symptome und Schmerzen auftreten. Auch die Nutzung von Sensordaten zur Krankheitsfrüherkennung wurde untersucht und es konnen Verhaltensänderungen bei lahmen Kühen, wie beispielsweise kürzere Fresszeiten und längere Ruhezeiten, festgestellt werden.

Diese neuen Erkenntnisse werden in Alarme für die Früherkennung von möglichen Gesundheitsstörungen umgesetzt, sodass der Landwirt über eine App oder SMS einen Hinweis bekommt. Das Risiko für eine Erkrankung kann mit BigData-Ansätzen unter Einbeziehung verschiedenster Umweltfaktoren und tierindividueller Anlagen vorhergesagt werden. Die Auswertung der verschiedenen Risikofaktoren gibt Hinweise wo angesetzt werden kann, damit Erkrankungen vermieden bzw. reduziert werden können.

Ein Benchmarking, wie es für die Klauengesundheit im Projekt entwickelt wurde, ist im LKV Herdenmanager verfügbar und erlaubt den Vergleich mit anderen Betrieben und die Abschätzung von Verbesserungspotenzialen.

Auch ein Monitoring des Gesundheitszustandes der Herde mittels der wöchentlich von der Molkerei gezogenen Tankmilchproben wurde im Projekt entwickelt und die Berglandmilch bietet ihren Landwirt:innen den Service eines Benchmarkings und einer Rückmeldung zu Parametern der Fütterung und Eutergesundheit schon mittels SMS an.

Nachhaltige Verbesserung der Tiergesundheit durch Zucht

Ein wesentliches Ziel der Rinderzucht ist die Zucht auf gesunde Tiere. Trotz der Fortschritte in der Genomselektion, der elektronischen Erhebung von tierärztlichen Diagnosen seit 15 Jahren und deren Nutzung in der Zucht, sind die Phänotypen (Daten) der limitierende Faktor um auf verbesserte Tiergesundheit und Tierwohl zu züchten. Der Anfall von “Echtzeit“-Daten zur Aktivität, zum Wiederkauen der Tiere oder genauere Informationen zur Tiergesundheit aus der Milch bieten hier neue Mögilchkeiten in der Zucht. Aus diesen neuen Daten wurden mit komplexen Algorithmen neue Merkmale zur Beschreibung der Tiergesundheit und des Tierwohls abgeleitet und ihre züchterische Nutzung analysiert. “Die Aufbereitung der Daten für die Routine ist aufwändig, aber deren Nutzung für die Zucht Erfolg versprechend“, so Birgit Fürst-Waltl von der Universität für Bodenkultur. Im Rahmen des Projektes wurden Grundlagen für die Entwicklung eines Stoffwechsel-Indexes und eines Klauengesundheits-Zuchtwerts erarbeitet.

Beitrag zur Antibiotikareduktion

„D4Dairy leistete einen Beitrag zu drei von fünf Zielen des „Global Action Plan on Antimicrobial Resistance““, erklärte Prof. Annemarie Käsbohrer, Vetmeduni Vienna.

Es wurde in Zusammenarbeit mit sechs Milchlaboren das Antibiogramm – eine Antibiotika-Resistenzbestimmung - für Euterentzündungen harmonisiert und eine Leitlinie erstellt. Eine Schnittstelle in den Rinderdatenverbund (RDV) wurde eingerichtet, wodurch die Labore neben der schon bestehenden automatischen Übermittlung der Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchung auch das Ergebnis des Antibiogramms übermitteln können. Das ermöglicht eine Darstellung der Ergebnisse in neuen Auswertungen für das Herdenmanagement, die Landwirt:Innen und Tierärzt:Innen bei Entscheidungen unterstützen können. Weiters wird an der Entwicklung eines Trockenstell-Tools für einen gezielteren Antibiotikaeinsatz gearbeitet. Die Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist, den Einsatz der Antibiotika bei Nutzung der vielfältigen relevanten Informationen zu reduzieren, ohne mehr Eutererkrankungen in Kauf zu nehmen. Eine betriebs- und tierbezogene Umsetzung in die Praxis ist in Vorbereitung. Außerdem wurde ein Leitfaden zum Umgang mit Sperrmilch erarbeitet und die Resistenzsituation bei Kälbern auf österreichschen Betrieben untersucht.

Fütterung – ein wichtiger Faktor für die Tiergesundheit

Im Bereich Fütterung wurde das Vorkommen von Mykotoxinen – von Pilzen erzeugten Giftstoffen- in österreichischen Futtermitteln und deren Einfluss auf das Pansenmikrobiom untersucht. Die Studien zeigten, dass wärmere Temperaturen einen Risikofaktor für das Vorkommen von Mykotoxinen darstellen, somit ist durch den Klimawandel mit einer wachsenden Bedeutung zu rechnen.  Auch die Konzentratfuttereffizienz, die Arbeitsprozesse im Fütterungsbereich und die Auswirkungen des Stallklimas auf das Verhalten und die Produktivität wurden im Rahmen des Projektes untersucht.

Die Projektergebnisse wurden neben wissenschaftlichen Publikationen und internationalen Fachtagungen auch in landwirtschaftlichen Fachzeitschriften, Webinaren und Veranstaltungen für Landwirt:Innen vorgestellt.

Christa Egger-Danner zieht als Konsortialleiterin ein Resümee des Projektes: “Die Potenziale der Digitalisierung und Automatisierung könnten erst mit der Datenvernetzung und den darauf aufbauenden Auswertungswerkzeugen gehoben werden. Die Kooperation und Vernetzung zwischen beteiligten Partnern entlang der Wertschöpfungskette Milch ist entscheidend. Mit dem Projekt D4Dairy konnte dazu ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt werden“. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit baut auf gegenseitigem Vertrauen auf. Im Projekt D4Dairy wurden durch die gemeinsamen Forschungsarbeiten neue Kontakte geknüpft und neue vertrauensvolle Kooperationen für die Routine aufgebaut mit dem Ziel die neuen technologischen Möglichkeiten zur Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierwohls in der Rinderwirtschaft zu nutzen.

Quelle: D4Dairy

© Franz Steininger
Die Teilnehmer:innen bei der finalen D4Dairy-Konferenz an der BOKU in Wien.

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