| Lukas Kalcher

Wintertagung 2022: Echte Regionalität verlangt Kreisläufe vor Ort und Zusammenarbeit

Die 69. Wintertagung des Ökosozialen Forums fand auch dieses Jahr digital statt. Das ermöglicht es, die Vorträge und Diskussionen der insgesamt rund 130 Expertinnen und Experten in der Mediathek nachzusehen. Die Beiträge beleuchten spezielle Herausforderungen wie die Klimabilanz sowie Möglichkeiten in der Züchtung, Anpassungen in der Bewirtschaftung und Ansätze für Änderungen bei der Eiweißversorgung, aber auch Trends in der regionalen Vermarktung.

Der Kauf regionaler Produkte erleichtert es den Menschen, die heimische Landwirtschaft zu unterstützen. Es ermöglicht den Bäuerinnen und Bauern in der Folge zudem, ihren Aufgaben nachzukommen und die Anforderungen zu erfüllen, die an sie gestellt werden: hochwertiges Fleisch, Tierwohl sowie bunte Wiesen als Beitrag zum Tourismus und zur Erhaltung eines attraktiven ländlichen Raums. Daher braucht es eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung insbesondere verarbeiteter Produkte, um den Menschen die Wahl regionaler Produkte zu erleichtern. Mit dieser Feststellung kann das Motto der heurigen Wintertagung 2022 des Ökosozialen Forums Österreich & Europa klar beantwortet werden: Zukunft dank Herkunft!

Die verpflichtende Kennzeichnung fördert den Kauf österreichischer Produkte und damit die Wirtschaft, kurze Transportwege und die Transparenz über die Produktionsbedingungen. Der Kauf von heimischen Lebensmitteln ist dann ein klarer Auftrag an die Bäuerinnen und Bauern und die gesamte Lebensmittelkette in Österreich. Parallel zur Kennzeichnung braucht es außerdem einen Ausbau der Kommunikation hin zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern, um den hohen Wert einer Produktion vor Ort aufzuzeigen. Denn Österreichs Landwirtschaft ist internationaler Vorreiter, sei es bei der Reduktion des Betriebsmitteleinsatzes, bei der umweltschonenden und Biodiversitäts-fördernden Bewirtschaftung, beim Tierwohl, beim Bio-Anteil oder bei der Qualität der Produkte.

Der Green Deal sieht nun vor, dass diese Standards in ganz Europa umgesetzt werden. Daher sind Österreichs Landwirtinnen und Landwirte gefordert, sich weiterzuentwickeln und ihre Stärken auszubauen, sprich, die Regionalität noch stärker voranzutreiben. Dazu zählen z.B. stärkere Kreisläufe insbesondere bei der Wiederverwertung von Abfällen oder energieautarke Höfe. Bei beiden ist die Politik gefordert, das Ermöglichen in den Vordergrund zu stellen und innovatives Denken und Handeln zuzulassen. Die positiven Effekte wären enorm: steigende regionale Wertschöpfung durch Betriebsansiedlungen und damit mehr Green Jobs, ein noch attraktiverer ländlicher Raum, die Verkürzung der Lieferketten sowie Umwelt- und Klimaschutz. Die Digitalisierung und eine verstärkte Zusammenarbeit der Betriebe können diese Entwicklung fördern.

Das ist die zukunftsfitte Landwirtschaft der Marke Österreich: Zusammenarbeit, Vernetzung und Wissenstransfer, Nachhaltigkeit und das Erhalten einer hohen Produktionsleistung bei höchster Qualität. Wir sollten eine regionale Kreislaufwirtschaft aufbauen, bei der die Landwirtschaft, die vor- und nachgelagerten Bereiche, die produzierenden Betriebe, das Lebensmittelhandwerk, die Gastronomie, die Abfallwirtschaft und die Verbraucherinnen und Verbraucher zusammenarbeiten. Schaffen wir die Voraussetzungen für echte Regionalität, denn nur so können wir der drohenden Enttäuschung bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern entgegenwirken, die den Kreis der Region zunehmend enger ziehen.

Alle Stakeholder entlang der Lebensmittelkette müssen an einen Tisch und ihre Ideen und Erfahrungen einbringen. Die Landwirtschaft muss ihre Konflikte beenden, Gräben überwinden, Brücken bauen und Hand in Hand zusammenarbeiten. Nur dann wird es uns gelingen, zu bleiben, was wir sind: das Vorzeigeland in der landwirtschaftlichen Produktion.

Grünland und Viehwirtschaftstag

Zu den züchterischen Möglichkeiten der Reduktion der Emissionen durch die Rinderwirtschaft generell und welche konkreten Maßnahmen die RINDERZUCHT AUSTRIA setzt, referierte Dr. Christa Egger-Danner (ZuchtData) im Rahmen der Wintertagung 2022. Rund 2/3 der THG-Emissionen aus der Landwirtschaft gehen auf die Wiederkäuer zurück. Seit 1990 konnte der Beitrag der THG-Emissionen aus der Fermentation der Wiederkäuer um 17, 2% (Umweltbundesamt, 2020) gesenkt werden. In diesem Zeitraum ging die Zahl der Milchkühe um 42% zurück, die gesamte Kuhmilcherzeugung ist um 11,2 % angestiegen (AMA, 2021; Umweltbundesamt, 2021). Die Zucht auf Milchleistung in Kombination mit Gesundheit und Fitness als auch Verbesserungen im Herdenmanagement leistet einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion der THG-Emissionen aus der Landwirtschaft. Zum Ausdruck kommt das auch in der Verdoppelung der Lebensleistung (über alle Rassen) in Österreich (1990 15.671 kg – 2020 31.320 kg).  Im Rahmen des Projektes Efficient Cow wurden von Hörtenhuber und Zollitsch (2016) die Einsparungsmöglichkeiten durch Selektion auf höhere Effizienz bei österreichischen Milchviehbetrieben in Bezug auf Treibhausgasemissionen aufgezeigt. Mit diesem Thema beschäftigt sich auch das neue Projekt NEU Rind unter der Leitung der ZuchtData, das die Themenbereiche Nachhaltigkeit, Effizienz und Umweltwirkung (NEU) noch genauer unter die Lupe nehmen wird und sich das Ziel gesetzt hat, betriebsspezifische Empfehlungen zu Verbesserungen in diesem Bereich zu erarbeiten.

Ökosoziales Forum, 2022
Podiums- und Publikumsdiskussion mit Verena Scherfranz (ÖSFO), Gabriel Felbermayr WIFO), Bundesministerin Elisabeth Köstinger, Generalsekretär Hans Mayrhofer (ÖSFO) sowie online mit Präsidentin Christiane Lambert (COPA) und Paul Sullivan (Atlantic Council und Johns Hopkins University).

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